Diese Frauen setzen sich zur Wehr

In einem Selbstverteidigungskurs lernt das "schwache Geschlecht", wie man im Ernstfall klare Grenzen aufzeigen kann.

Wilstersche Zeitung vom 15.11.2016

WILSTER "Je früher sich eine Frau gegen einen Übergriff zur Wehr setzt, desto höher sind ihre Chancen, dass sie sich weitgehend unbeschadet aus der Situationlösen kann", sagtTino Enders. Häufig reicht es schon, wenn eine Frau selbstbewusst und unmissverständlich eine Grenze setzt. Doch manchmal reicht die klare verbale Zurechtweisung als solches eben nicht aus.
"In solchen Situationen ist eine Frau gezwungen, sich konsequent und somit auch körperlich zu verteidigen", erläutert der Gründer der Krav Maga Academy Hamburg den 15 Teilnehmerinnen des ersten, von der Gleichstellungsbeauftragten des Amtes Wilstermarsch, Anke Rohwedder, organisierten, sechsstündigen Selbstverteidigungskurses für Frauen.

Vielen Frauen fällt die aktive Gegenwehr sehr schwer, weiß Tino Enders aus der beruflichen Praxis als Polizist sowie aus seiner Lehrtätigkeit an der Polizei-Akademie in Hamburg, an der er junge Menschen für den Polizeidienst ausbildet. Das hängt unter anderen damit zusammen, das anders als bei Männern, der weibliche Organismus das Stresshormon Adrenalin, welches bei dem Mann die Kampfbereitschaft steigert, nur sehr langsam aufbaut.

Zudem werden Frauen erzieherisch dahingehend geprägt, stets freundlich, fürsorglich und höflich zu sein.
"Dieser Kurs soll den Teilnehmerinnen verdeutlichen, dass sich diese Hürden umgehen lassen und sich vermeintliche Schwächen, mit denen eine Frau in eine Auseinandersetzung geht, wie beispielsweise lange Fingernägel, in Stärken verwandeln lassen", betont Tino Enders. Zudem soll der Kurs die Sensibilität und Wahrnehmungsfähigkeit der Teilnehmerinnen für Gefahrensituationen schärfen.

"Wenn man potenzielle Gefahrensitua-tionen frühzeitig erkennt, kann man sie vielleicht umgehen", lautet der Grundgedanke dahinter. Um eine Frau soweit zu bringen, dass sie in einer körperlichen Auseinandersetzung mit einem Angreifer sämtliche Hemmungen fallen lässt und gezielt körperliche Schwachstellen wie Gesicht, Hals und Genitalien ihres Gegenübers attackiert, bedarf es nach Erfahrungen des Selbstverteidigungsexper-en einer Trainingszeit von rund acht bis zwölf Wochen.

"Dieser Kurs ist den Teilnehmerinnen insofern hilfreich, dass sie ihren eigenen Körper besser kennen lernen, die Energie erkennen, die sie einem Angreifer entgegenbringen können und sehen, dass sie nicht so wehrlos sind, wie viele von ihnen meinen", erklärt Tino Enders. "Ich habe schon mal einen Selbstverteidigungskurs besucht und gemerkt, dass es mir unglaublich viel Spaß bringt", so Astrid Schäpe. Gemeinsam mit Tochter Katrin nahm die Hodorferin an dem Kurs teil, um die Fertigkeiten ihres ersten Kurses aufzufrischen und zu vertiefen.

Jens-Peter Mohr

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